Heute sind wir an der Ostsee angekommen und damit einmal quer durch Finnland gerauscht.
Unser Weg hat uns bis jetzt eng an der Grenze zu Russland entlanggeführt. Der Eurovelo 13 „Iron curtain trail“ verläuft entlang der ehemaligen Sowjetgrenze (eben dem „eisernen Vorhang“) und in Finnland hat sich die Nähe zu Russland in den letzten 30 Jahren nicht so verändert, wie in den anderen Ländern, durch die wir noch kommen werden.
Finnland hat eine lange Geschichte mit Russland und Schweden, es gehörte mal zum einen, mal zum anderen Land, bevor es dann 1917 selbständig wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg ist die Grenze in ihrer jetzigen Form festgelegt worden. In Finnland fand der Krieg in zwei Etappen statt, dem Winterkrieg (1939 – 1940) und dem Fortsetzungskrieg (1941 – 1944). Wir kommen auf unserer Tour an unzähligen kleinen und großen Gedenkplätzen vorbei, die an den Winterkrieg erinnern. Da gelang es den Finnen, die Russen flott aus dem Land zu treiben und vernichtend zu schlagen. Manchmal stehen auch nur ein paar alte Waffen verrostend in der Gegend rum.
Der Fortsetzungskrieg führte dazu, dass viel Infrastruktur zerstört wurde (insbesondere auch von den deutschen Truppen auf dem Rückzug) und dass im Zuge der Verträge nach Kriegsende die Grenzen verändert wurden. Mit all den Folgen, die Vertreibungen, Umsiedlungen und Grenzziehungen mit sich bringen. Gerade in Karelien, dem Gebiet im Süden Finnlands, in dem wir gerade sind, gibt es einige Ortschaften, die auf zwei Seiten der Grenze existieren: einmal auf finnischer und einmal auf russischer Seite. Immer wieder kommen wir an kleinen orthodoxen Kirchen vorbei, die ihre „Mutterkirche” auf russischer Seite haben. Menschen mussten flüchten und das Meiste dabei zurücklassen. Der Vermieter auf dem Bauernhof in Ilomantsi, bei dem wir übernachten durften, hat uns einen Tisch seiner Eltern gezeigt, die im russischen Teil Kareliens lebten und in den Westen fliehen mussten, eins der wenigen Stücke, das mit auf die Flucht genommen werden konnte.
Es ist ein ungewohntes und auch irritierendes Gefühl, wenn wir der russischen Grenze nahe kommen. Als Europäer*in dürfen wir in Europa rumreisen wie wir wollen. An den Grenzen gibt es kaum noch Kontrollen und dass man von einem in ein anderes Land wechselt merken wir meist nur an der anderen Sprache und anderen Schildern, manchmal an anderen Schriftzeichen. Die russische Grenze ist für uns, die wir kein Visum haben, unpassierbar. Auch, dass wir auf unserer Tour immer wieder Fahrzeuge mit bewaffneten Grenzsoldaten sehen, ist für uns ein ungewohnter Anblick. Wir haben dabei ein beklommenes und diffuses Gefühl.
Finnischer Wachturm. unbemannt, das machen jetzt Kameras. Da ist Russland Waren und Güter können passieren.
Es ist eindrücklich zu erleben, dass wir auf dieser Seite nicht ohne weiteres aus Europa herauskommen. Schade!
Eindrücklich und überzeugend. Doch auch bedrückend!
Kommt gesund weiter,
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Danke!
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Sehr informativ, danke, ihr zwei!
Was ihr hautnah erlebt, das wird auch eure Sicht auf politisches Handeln beeinflussen!
Ich sag ja: Reisen bildet und prägt, und wir sind die stillen Teilhaber!
Danke!
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Sehr interessant. Nicht nur, dass wir immer mitfiebern dürfen, jetzt lernen wir auch noch was dabei! Euer Blog gefällt mir immer besser! Ich hoffe, es ist warm genug für ein Bad in der Ostsee. 😄
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Ja, heute in die Ostsee! Aber nicht ohne dass wir uns vorher und nachher in der Sauna aufwärmen
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Wunderbar gezeichnet, das Bild vom nicht möglichen Grenzübertritt. Ich habe es in den vergangenen Jahren nur in Moldau erlebt was es bedeutet, nicht einfach einreisen zu können. War mir völlig fremd,keine Freizügigkeit genießen zu können. Da finde ich es immer bedrückend wenn Katalanen ,Flamen und Walonen und der auch andere das wollen
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Ihr geht doch hoffentlich kein Risiko ein. Was ist euer nächstes Ziel? Bitte nicht Littaun oder Belaruss.
Eure Blogs lesen sich wie großartige Reiseführer. Macht so weiter und bleibt behütet. Wir freuen uns schon auf den nächsten Bericht Am Dienstag feiern wir Tante Brigittes Geburtstag hier in Bünde.Dickste Grüße
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