Donau: Kroatien

Um von Ungarn nach Kroatien zu kommen, müssen wir bei der Grenze erst einmal an einer langen Schlange wartender Lastwagen vorbei. Die warten auf die Grenzkontrolle, damit sie einreisen dürfen. Kroatien ist noch nicht im Schengenabkommen und daher wird alles kontrolliert.

Auch wir müssen uns in die richtige Reihe begeben und folgen den Fahrradzeichen auf dem Boden. Toll: eine extra Reihe für Fahrradfahrer, denken wir. Weit gefehlt! Wir stehen neben dem kleinen Kabäuschen und werden vom Grenzbeamten erst mal angepflaumt, dass wir uns einfach so vordrängeln. Beim nächsten Mal sollen wir uns gefälligst hinter die Autos stellen und warten…. Naja, jetzt, wo wir schon mal da sind sind schaut er sich unsere Pässe an. Zwischendurch fragt er uns aus, woher wir kommen, wo wir mit dem Fahrrad hin wollen und was wir schon gesehen haben. Man merkt ihm an, dass er hin und hergerissen ist zwischen Bewunderung und der Einschätzung, zwei Irren gegenüberzustehen. Aber er lässt uns einreisen und schwupps sind wir in Kroatien.

Wir begegnen in den Tagen hier so vielen netten, offenen und spannenden Menschen! Auf der Straße werden wir angehupt und die Menschen winken uns zu, feuern uns auf den Rädern an, rufen aus dem Garten herzlich „Dober dan“ (Guten Tag), lachen und freuen sich uns zu sehen. Das macht durchgehend gute Laune, auch bei weniger nettem Radwetter.

In dem kleinen Ort Bilje, durch den wir kommen, soll es ein Schloss geben. Das stand zumindest im Reiseführer. Wir brausen an einem Gemäuer vorbei, das entfernt an das Foto erinnert, allerdings ist es ziemlich kaputt und heruntergekommen. Der Park davor erinnert auch nur entfernt an eine Parkanlage aber wir fahren zum Tor und schauen uns das aus der Nähe an. Tatsächlich steht dort ein altes und verwaschenes Schild, das diese Ruine in vier Sprachen als Schloß ausweist. Es hat offensichtlich schon sehr viel bessere Tage gesehen.

Das Tor steht ein wenig offen und man hört Baulärm, also quetschen wir uns durch den Spalt und schauen uns um. Sehr kaputt! Eine Treppe führt in den ersten Stock und mit den Handytaschenlampen schauen wir uns vorsichtig um. Fenster und Türen sind kaputt, Decke und Boden haben Löcher, überall liegen Papiere herum. Wir finden auch einen Schrank mit alten Chemikalien und eine Tüte mit halben Unterkiefern von Rehen (?). Wahrscheinlich war hier mal die Forstbehörde untergebracht.

Wir werden von einem Bauarbeiter auf Englisch angesprochen. Wir rechnen damit jetzt vor die Tür gesetzt zu werden, aber im Gegenteil: wir werden eingeladen uns das Gemäuer genauer anzuschauen. Wir sollen nur aufpassen, dass wir nirgendwo stürzen oder einbrechen, er empfiehlt besonders das Kellergewölbe. Also nix wie hinab in den Keller. Hier lagern alte Ölfässer und Müll und jede Menge Vogelkadaver. Etwas gruselig ist uns schon, aber es ist auch spannend.

Wieder oben werden wir vom Bauarbeiter und seinem Kollegen eingeladen. Sie fragen, ob wir schon eine Unterkunft hätten und vermitteln uns an die Pension in der sie auch untergekommen sind. Dort fahren wir hin und dann haben wir ein schönes gemeinsames Abendessen und unterhalten uns bis in die Nacht. Beide heißen witzigerweise Oliver. Der eine ist in Deutschland aufgewachsen und spricht Deutsch, der andere spricht sehr gut Englisch, das er sich anhand der Untertitel im Fernsehen beigebracht hat.

Am nächsten Tag geht es nach Vukovar. Vukovar ist eine der Städte, die besonders unter dem Kroatienkrieg 1991 gelitten hat. Die Bevölkerung wurde evakuiert, es gab Massaker und die Stadt ist zu großen Teilen zerstört worden. Es gibt noch immer viele Häuser, an denen Unmengen an Einschusslöchern zu sehen sind.

Der zerschossene Wasserturm der Stadt ist als Mahnmal gegen den Krieg erhalten worden. In ihm ist jetzt ein Besucherzentrum und es gibt Tafeln und Videos, die über den Krieg berichten.

Aber es gibt auch lebendige und schöne Dinge, z.B. beobachten wir Musiker, die vor einer Kirche für eine Hochzeit spielen. Ein großes Aufgebot an Musikern und es kommen immer noch welche dazu. Am Ende stehen da drei Kontrabässe und noch mehr Menschen mit gitarrenähnlichen Instrumenten in unterschiedlichen Größen, deren Namen wir nicht kennen. Ein Zeremonienmeister mit zwei langen Fasanenfedern am Hut verkündete den Auszug des Brautpaares aus der Kirche und die Musiker spielen, Alle singen mit und empfangen das frisch getraute Paar. Ein Frauenchor singt und es wird gemeinsam vor der Kirche getanzt.

Am nächsten Tag ändert sich die Landschaft mal ein wenig: es gibt ein paar Berge und schon wirkt alles etwas interessanter. Aber es bedeutet auch, dass wir auf der einen Seite runterfahren können und auf der anderen Seite rauffahren müssen. Nach einer Steigung verlangt Kathrin nach einer Pause. Ein Dreiertrupp Radfahrer steht am Straßenrand und will wissen woher wir kommen und wohin wir wollen. Wir kommen ins Gespräch und erzählen hin und her. Da kommt der Vierte, der gerade ein paar Äpfel von der Plantage „aufgesammelt“ hat. Wir verspeisen die leckeren Äpfel und werden zum Kaffee eingeladen. Gemeinsam radeln wir in ein Café an der Donau und reden dort weiter. Einer der Vier war als Flüchtling in Deutschland und spricht sehr gut deutsch, mit den anderen können wir uns auf Englisch unterhalten. Super! Wir hoffen, dass sie unserer Einladung folgen und uns in Dortmund besuchen werden.

7 Kommentare zu „Donau: Kroatien

  1. Meine Güte, ist das alles aufregend! Ihr „erlebt“ wirklich Europa und mehr!
    Bin gespannt, wie ihr nach eurer Reise zu Europa und zur Europapolitik steht⁉️
    Genau so soll es weiter gehen, immer mit spannenden Menschen und besonderen Erlebnissen!

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  2. Wie verarbeitet bzw. speichert ihr so wahnsinnig viele unterschiedliche, interessante, neue, spannende, ungewöhnliche… Eindrücke und Erlebnisse … und die Reise geht noch weiter…macht es bitte für uns „follower“ weiterhin auch so spannend und interessant und für euch…
    …igSAR

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  3. Wie viel schöner sind doch eure Erlebnisse als das, mit dem man sich hier so herumschlägt, wie FaKos, Elternsprechtage, Tage d. o. T. und so weiter. Genießt es!

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    1. Andyobruni:
      So wundervolle Erlebnisse wie Fakos, Esprtge,TdoT, etc sind bei den Beiden doch nur aufgeschoben. Vielleicht träumen sie ja auch davon, wenn der Gegenwind und der kalte Regen ins Gesicht peitscht! — Obwohl — ich glaube eher nicht!!🖖

      Gefällt 2 Personen

  4. Hallo Ben und Kathrin!
    wenn ihre auf dem Rückweg wieder durch Ilok fährt dann warten wir wieder mit Äpfel und Kaffe 😄.
    Grüße von uns allen aus Kroatien!

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